OFT IST DIE NATUR NICHT EINMAL SCHÖN


von Christoph Frick und Bo Wiget

Fotos © Diana Küster


Das Kyoto-Protokoll haben wir nicht alle unterschrieben, in Kopenhagen haben wir einen Kompromiss, der so dünn wie schlechter Kaffee war, gerade mal zur Kenntnis genommen und so liegt alle Hoffnung jetzt in Cancún.
Wir wissen, dass sich das Klima wandelt und wer dafür verantwortlich ist, aber vertagen unsere Entscheidungen besser auf irgendwann. Dabei ist es doch die Kanzlerin, die uns immer wieder mahnend hinweist: „nicht irgendwann, sondern jetzt!“.
Aber es sind natürlich die da oben, die es nicht hinbekommen, wir haben doch schon lange Öko-Strom, fahren mit dem Zweitwagen zum Biomarkt und gehen mit unseren Kindern Zelten. Natürlich wollen wir keine Natur die kratzt, sticht und juckt. Wir wollen eine Natur, in der es immer blüht, in der die Sonne scheint, immer eine sternenklare Vollmondnacht, den Blick auf das Meer und die imposanten Berge frei gibt. Wir wollen eine Urlaubskatalog- Natur, ein Schöner-Wohnen-Paradies, das unsere gestressten Seelen streichelt, uns das Herz erwärmt und der Frisur nichts anhaben kann.

 

Natur soll uns auch Ehrfurcht lehren, aber bitte ohne uns wirklich nahe zu kommen. Wir sind gegen Wirbelstürme und für Delphine, aber das Auto stehen zu lassen und auf die Thunfisch-Pizza zu verzichten, fällt schwer. Wir wissen, dass die Klimakatastrophe auf uns lauert und können doch nichts anderes, als kleine Schritte tun. Wir sind Artisten der Problemverschiebung. „Was sind schon zwei Grad mehr?“, denken wir und sitzen in perfekter Outdoor-Ausrüstung vor einem Lagerfeuer, auf dem dafür ausgezeichneten Rastplatz, essen einen Bio-Apfel, ignorieren den Duft der Mückenschutzcreme in unserem Gesicht und stimmen ein schönes Lied aus alten Tagen an.


Tschüss, Geburtshelferkröte. Tschüss, arbeiterlose Parasitenameise. Tschüss, verkannte Seifenglanzschnecke. Tschüss, Rotkopfwürger. Sumpfspitzmaus, Tschüss. Tschüss, behaarte Laubschnecke. Tschüss, pelzige Sklavenameise. Tschüss, dürftiger Blütenstaubglanz-käfer. Tschüss, Dorsch. Tschüss, Schwarzstirnwürger. Tschüss, Amazonenameise. Tschüss, Heilbutt. Große Bartfledermaus, Tschüss. Kleine Bartfledermaus, auch Tschüss. Tschüss, Knoblauchkröte. Tschüss, Untergrundameise. Tschüss, hasenohrige Schlammschnecke. Tschüss Raubwürger. Haselmaus, Tschüss.


Regie: Christoph Frick

Komposition und Musikalische Leitung: Bo Wiget

Bühne: Thomas Dreißigacker

Kostüme: Maren Geers

Dramaturgie: Olaf Kröck

 

Mit: Maja Beckmann, Raiko Küster, Katharina Linder, Nicola Mastroberardino, Veronika Nickl, Matthias Redlhammer, Michael Schütz

 

Musiker: Daniel Brandl, Volker Kamp, Jan-Sebastian Weichsel

 

Premiere: 3. Dezember 2010

Schauspielhaus Bochum